W I R E 0 1
[ 08. September 2001]
Bilder 01 - 10

W I R E 0 1
Yokohama, Japan
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Feiern in Planquadraten

Haette ich gewusst, was mich auf dieser Party erwartet, haette ich es mir wahrscheinlich noch mal ueberlegt... nun ja, aber irgendwie hatte ich immer noch die Metamorphose im Hinterkopf und dachte, die Wire01 waere auch irgendwie eine Open Air Veranstaltung... Was sie Gott sei Dank nicht war, denn als wir am Samstag kurz nach 18 Uhr an der Yokohama Arena ankamen, regnete es in Stroemen. Nun, jedenfalls die Wire01 war eine Massenveranstaltung wie die Mayday zu ihren "besten" Zeiten. Ueber 10 000 Menschen in einer riesigen Halle, ultradicke Light- und Lasershow, dickes Lineup (s.u.) und vor allem dicker Einrittspreis. Wenn ich hier sage dickes Lineup, dann gilt nur fuer japanische Verhaeltnisse. Das Lineup war zwar schon fett, nur wenn man mal den Eintrittspreis dazu anschaut, dann klappt einem echt der Unterkiefer runter: 11.550 Yen, das sind nach dem aktuellen Umrechnungskurs herzinfarktverdaechtige 200 DM (!!!!!). Wenn wir das mal mit dem Lineup und dem Eintrittspreis z.B. von der Time Warp 12 dieses Jahr vergleichen (siehe Bericht), dann wird einem vielleicht die Relation klar, von der wir hier reden. Trotzdem war die zigtausend Menschen fassende riesige Halle ausverkauft. Ein paar meiner Freunde waren sogar extra schon um 16 Uhr vor der Tuer gestanden (18h ging's los) um noch Karten zu bekommen.

Um ca. 18.30h passierten wir den Eingang. Danach wollten wir erst mal unsere Rucksaecke abgeben. Die riesen fette Schlange schreckte mein Freunde nicht ab, also let's go and sweat, es war naemlich sau heiss in der Schlange. Obwohl die Schlange ewig lang war (siehe Bild), waren wir doch "schon" nach ca. 40 Minuten am Schalter.

Auch das jonglieren mit der Masse an Gepaeck war durchorganisiert: Alles wurde einfach in grosse Plastiktueten getan mit einen Zettel dran, das war's. Je nach Urzeit hatten die Tueten eine andere Farbe. Der Spass kostete auch gleich mal wieder 500 Yen (ca. 10 DM)...
Um kurz nach 19 Uhr ging's dann endlich mal in die Halle. Dort guckte ich auch erst mal dumm aus der Waesche: Die Japaner hatten alles 101% perfekt organisiert:
Die ganze Tanzflaeche war in Planquadrate unterteilt (siehe Bild unten). Jeder Bereich war umzaeunt und hatte einen Eingang, der von einem Security "gesichert" wurde.

Jetzt wird's kompliziert:
Jedes Ticket war einem bestimmten Bereich zugeordnet. Als aller erstes musste man mal zu seiner "Homearea" und da sein Ticket vorzeigen. Dann bekam man einen Stempel, und mit diesem Stempel konnte man dann auch alle anderen Areas passieren.
Vielleicht hat jemand schon mal einen dieser Berichte im TV gesehen, wie die Cowboys in Texas ihre Rinder Brandmarken: Die ganze Herde wird in ein Labyrinth von Gaengen getrieben und dann durch geschicktes Oeffnen und Schliessen der einzelnen Gaenge sortiert nach Kalb, Kuh, Stier, was weiss ich. Genau diese Assoziation hatte ich, als ich in die Halle kam, und im Prinzip lief es auch genau so ab.

Das ganze war perfekt eingespielt: Wenn es in einer Area (wie zum Bsp. um die Buehne) zu voll wurde, dann wurde der Bereich einfach abgesperrt und Durchgaenge wurden zu Einbahnstrassen oder ganz geschlossen. Alle Leute die dann vor die Buehne wollten, wurden geschickt so geleitet, dass sie entweder am Ausgang landeten oder in einer leereren der Areas im aeusseren Bereich. Logischerweise passte ein Heer von Securities darauf auf, dass niemand auf dem Gang anfing zu tanzen. Sobald das passierte kam einer angerannt und sagte, man solle sich in irgendeine der Areas begeben.

Es kam mehr als einmal vor, dass ich bei einem Act mal vor an die Buehne wollte, nur um mal ein Pic zu schiessen. Aber keine Chance. Ich landete dann irgendwo am hinteren Ende der Halle oder am Ausgang. Manchmal bin ich echt 15 Minuten in der Gegend rumgerannt um eine offene Area finden bzw. erreichen zu koennen. Perfekte Durchflussplanung, oder ? Reingeleitet, rumgeleitet, rausgeleitet. Logistiker und Chaosforscher duerfen sich auf die Schulter klopfen.

Versteht mich nicht falsch, das war ja schon wirklich alles super praktisch durchdacht: Die Leute wurden so gleichmaessig ueber die Halle verteilt, es gab keine Gedraengel, auch nicht vor der Buehne. Man hatte immer genug Platz zum Tanzen, egal wo man war. Sofern man zu den Gluecklichen gehoerte, die bei einem Top Act im vorderen Bereich waren, konnte man ungestoert abfeiern. Ausserdem konnte man wirklich von jedem Punkt der Halle blitzschnell einen der Ausgaenge erreichen. Wenn man also mal super dringend aufs Klo musste oder sonst irgendwas hatte war man ruck zuck draussen. Es gab auch nirgendwo Staus oder Gedraengel in der ganzen Halle, wie man das vielleicht von deutschen Grossveranstaltungen kennt. Ihr wisst schon, man will von A nach B und ploetzlich steht man zusammengequetscht in einer Masse von Leuten und es geht weder vorwaerts noch rueckwaerts. Alles hatte sicherlich seinen praktischen Zweck und auch wirklich Vorteile, ausserdem hat es garantiert jede Sicherheitsvorschrift erfuellt, die man nur erfuellen kann. Mag ja alles sein, aber Tatsache war: Die ganze Atmosphaere der Location war dadurch suuuuuper beschissen. Daran konnten auch die dicken Laser- und Lightshows nichts aendern. Man fuehlte sich wie im Zoo oder im Knast, kurz, man fuehlte sich einfach "massenabgefertigt". Aetzend, und ich musste in den ersten Sekunden in der Halle echt dem Drang wiederstehen einfach mein Zeug zu packen und wieder heimzufahren...

Uebelste Voraussetzungen also, aber, man glaubt es kaum, die japanischen Party People mit ihrer ehrlichen, froehlichen, natuerlichen und einzigartigen Art zu feiern, schafften es trotzdem diese Atmosphaere in einer Welle von "positive vibes" untergehen zu lassen (so intensiv hatte ich so was das letzte mal auf der 96 Loveparade erlebt). Unterstuetzt von den DJs klatschen, jubelten, schrieen und huepften sie was das Zeug hielt und brachten die Stimmung auf die Siedepunkt..... wieder mal THX und dicken RESPEKT !

Es gab zwei Buehnen im Raum, an den gegenueberliegenden Enden der Halle. Eine war fuer die Liveacts und eine fuer die DJs. DJs und Liveacts wechselten sich ab, so dass die Leute sich mal mehr vor der einen und dann vor der anderen Buehne sammelten. Wenn man frueh genug da war, konnte man also schon ohne Probleme in eine Area vor der Buehne kommen.

Mal ein kurzer Abriss zu den Acts, zumindest das, was mir noch einfaellt:

Den Anfang machte DJ Tasaka. Von ihm habe ich kaum was mitbekommen, denn als er spielte standen wir in der Schlange zur Gardarobe. Das, was ich ueber den Bildschirm im Aussenbereich mitbekommen habe, war ganz ok gewesen.

Monika Kruse brachte schon richtig fett Stimmung in die Halle. Sie praesentierte ein gewohnt recht hartes Set, Einzelheiten sind mir entfallen, aber es war echt gut. Auch die meisten meiner Freunde, die Monika Kruse bisher noch nicht gekannt hatten, waren begeistert. Das Publikum exerzierte jede von Monikas Bewegungen begeistert nach, war echt lustig: Klatschte sie in die Haende, dann klatsche spaetestens beim 2. Mal die ganze Halle mit. Hob sie die Arme im Rhythmus der Musik uebern Kopf, hatte sofort die komplette Halle den Arm oben. Winkte sie dem Publikum zu, rissen sofort alle die Arme in die Luft und schrieen wie verrueckt... wirklich unglaublich ;o)) Bei den anderen DJs war es aehnlich, aber bei keinem so intensiv wie bei Monika Kruse.

Auch der Live Act von Secret Cinema hat mir ganz gut gefallen, zum Teil etwas zu viel Geschrubbe, aber ein paar coole Tracks mit schwerem Detroit Beat waren dabei.

Auch Fumiya Tanaka aus Tokio fand ich echt gut, aber auch hier koennte ich jetzt keine Einzelheiten mehr nennen. Ich erinnere aber noch, dass ich jemanden gefragt habe, wer da grad auflegt, weil die Musik so geil war.

Um 23.00h war Westbam am Start. Er hat ja bei uns ein wenig den Ruf des "Kommerz-Mega-Event-DJs" anhaften, na ja vielleicht auch nur im Frankfurter Raum. Keine Ahnung, jedenfalls in Japan ist er hoch angesehen, ich wuerde sogar sagen der hoechst angesehenste aller deutschen DJs. Das liegt sicher auch an seinen zahlreichen Gigs in Japan und seinen gemeinsamen Projekten mit Takkyu Ishino ("Takbam"). Allerdings haelt man in Japan auch die Loveparade und die Mayday fuer Deutschlands beste Techno-Veranstaltungen, was letztendlich sicherlich auf die grosse Beliebtheit Westbams zurueckzufuehren ist. Wie auch immer, Westbams Gig an diesem Abend war echt super ok, hat mir gefallen. Er ist einer der aller ersten Stunden der deutschen Technobewegung, und an diesem Abend hat er gezeigt, dass er gelernt hat mit der Menge umzugehen wie kaum ein anderer. Es gab ein paar harte Tracks, ein wenig Electro, etwas house- und acidlastige Stuecke, wenn ich mich richtig erinnere. Ein paar Showeinlagen fuers Japanische Publikum (auf so was fahren die Japaner voll ab), insgesamt wie gesagt echt gut.
Von den Ural 13 Dictators weiss ich garnichts mehr, und Takkyu Ishino hab ich irgendwie voll verpasst.

Danach ging's weiter mit C.J. Bolland. Bei dem Duo macht einer die Musik, und der andere soll die Leute animieren. Der MC praesentierte sich im Muskelshirt, damit man auch ja die "From Dusk Till Dawn"-Taetowierung sah (ach, wie abgefahren) und mit super-hip-crazy verkehrtherum aufgesetzter Muetze (siehe Bild). Die Musik war ganz ok am Anfang, aber auf Rumgehuepfe und Sprueche wie man sie von Scooter kennt kann ich echt verzichten. Natuerlich in Englisch, was 85% der Anwesenden eh nicht verstanden hat. Kein Wunder, dass kaum eine Reaktion kam wenn er "Make some noise !!!" in Mikro schrie. Originell waer's gewesen, wenn er ein paar japanische Saetze gelernt haette, aber so blieb es halt bei den platten Animationsspruechen in English. Ausserdem war der Typ irgendwie im komplett falschen Film gelandet und bruellte die ganze Zeit irgendwas "Hello Tokio" ins Mikro. Die Party war in Yokohama Junge ! Das ist ne Stadt so gross wie Berlin, Tokio ist ca. 25 km weiter noerdlich ! Na ja, was reg ich mich auf ... *g*. Passend dazu gab's zu Schluss dann noch ein wenig 0-8-15 Trance. Das hab ich mir aber nicht mehr gegeben, ich machte mich fruehzeitig auf den Weg zur anderen Hallenseite um mir einen Platz vorm DJ Pult fuer DJ Hell's Gig zu sichern...

DJ Hell lieferte an diesem Abend das fuer mich mit Abstand originellste Set, was ich eigentlich auch erwartet hatte. Quer durch die Bank gab's extravagante Tracks, vor allen viele Tracks mit Sprachsamples. Groovige, teilweise recht acidlastige Tracks. Hat mir gefallen. Als Sahnehaeubchen gab's dann Force Legato's (oder wie das geschrieben wird) "System" aus dem Jahr 1989. Westbam, der sich hinter der Buehne aufhielt, wird's gefreut haben.

Als letzter Act der Party war Jeff Mills angesetzt. Grosser Name, ich weiss, aber hat mich echt nicht vom Hocker gerissen das Set, ganz im Gegenteil. Wie auch schon im MTW letztes Jahr. Nonstop monotones Geschrubbe und dazu ein wenig an der 808 oder 909 (oder was weiss ich was das war) rumgespielt. Ziemlich lieblos das ganze Set, zumindest hab ich das so empfunden. Einfach irgendwas auf den Plattenteller geschmissen, kein Intro und auch kein Abklang. Als seit Set zu ende war hat der den letzten Track einfach irgendwie ausgefaded und ende. It's buissness you know ? Ach nee, fast mechanisch gab's dann zum Schluss noch "Night of the Jaguar". Bei Jeff Mills' Gig gab's fast die ganze Zeit kein Geklatsche, keine Schreie, garnichts. Alle tanzen einfach nur mechanisch vor sich hin, untypisch fuer das japanische Publikum, das war bei keinem anderen DJ vorher so gewesen. Nun ja.

Um kurz nach 6 Uhr war dann auch endgueltig Schluss. Auch das entleeren der Halle war natuerlich perfekt organisiert. Die Securities stellten die "Alle-Leute-Raus"-Konfiguration bei den Gittern ein und rannten mit Megaphon durch die verschieden Areas um auch die Leute, die sich noch ein wenig auf dem Boden ausruhten, zu verscheuchen... Innerhalb von ungelogen vielleicht 10 Minuten war die Halle fast komplett leer und 10000 Leute nach draussen geleitet.

Insgesamt gesehen eine war die Party eine interessante Erfahrung, auch wenn ich ein zweites Mal darauf verzichten kann. Vor allem auf den Eintrittspreis !

OK, das war dann auch mein letzter Auftritt hier in Japan ! Jetzt geht es noch kurz auf Reisen, und ab 24.09.2001 gibt's wieder (mehr) Bericht aus Germany !

An dieser Stelle Gruesse an die gesamte japanische Feierfront, macht's gut, es war ein supergeile Zeit und ich hoffe wir sehen und bald wieder !!!!!!!!!!!

Especially many greets to:
Masil, Eriko (both), Maya, Takahiru, Midori, Yuko, Reirei, Taiyo, Nori, Ichiban, KSK , Ten, Taros, Yoko, J.P., Sato, Yuka, The Tokyo Getto Ninja, Makiko, Shin-no-suke, Haru, Yumi, Horichan, Ryuji, Keiko, Watts, Tama
.... and everyone I forgot !!!!!!

Domou arigatou gozaimashita !!
Ganbatte !

Wire01 Homepage :
http://www.wire01.com





____Japanese version

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Blick auf den äusseren Eingangsbereich um kurz nach 18 Uhr

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  Wire01_08Sept2001_Pic02  
Ja, das ist eine Schlange ! Von links kommend, rechts gehts weiter, ich stehe gerade in der Kurve. Ich dachte wir würden auf Einlass warten, tatsächlich war das aber die Schlange zum Gepäckablagebereich
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Dieses T-Shirt haben mir meine Japanischen Freunde zum Abschied geschenkt:
Nun ratet mal was das heisst....
( Auflösung nächstes Bild)
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Yepp, "SUBQ " ... cool oder ? Ich hab mich gefreut !
An dieser Stelle nochal: Domou Arigatou Gozaimashita !!
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Nori, Masil, Reirei
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Drinnen angekommen musste man erstmal seine "Homearea" finden, dort bekam man dann einen Stempel und dann konnte man überall hin.
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  Wire01_08Sept2001_Pic07  
Blick in einen der Gänge zwischen Planquadraht W-4 und W-5
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Gehege wie wie im Zoo, oder ?
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Dicke Lasershow gabs natürlich auch..
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Monika Kruse am Set